Stralsund

BilD: SBV - Kranz mit Schleifen

BilD: SBV – Kranz mit Schleifen

Gedenken am 27. Januar in Stralsund
Der 27. Januar wurde 1996 auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ausgerufen. Die Vereinten Nationen erklärten den 27.01. im Jahr 2005 zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Dieser Tag steht symbolisch für den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Truppen der Roten Armee im Jahre 1945.

Das Besondere an unserer Veranstaltung ist die Beschränkung und Konzentration auf die Menschen, die aufgrund einer geistigen Behinderung oder psychischen Krankheit durch Zwangssterilisation und/oder Tötung im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten Opfer wurden. In der heutigen Zeit erscheint das Erinnern und Bedauern daran wichtiger denn je.

Wir wollten wachrütteln, damit der Verbreitung des nationalsozialistischen Gedankenguts durch neue rechtsextreme Parteien wie die NPD oder andere Unterorganisationen Einhalt geboten wird.
Bericht und Bilder Dieter Lips

• Datei: 130127_Holocaust_HST.pdf

Foto: ABiMV/TÖ Kranzniederlegung an der Gedenkstele

Foto: ABiMV/TÖ Kranzniederlegung an der Gedenkstele

Bündnis gegen das Vergessen
„Alles was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit“, sagte Kofi Annan am 24.01.05 auf einer Sondersitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) anlässlich des 60-jährigen Tages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.
Er appellierte an die Weltgemeinschaft, ein Wiederaufleben des Antisemitismus sowie jedweder neuen Formen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bekämpfen.“
Der 27. Januar ist seit dem „Internationaler Holocaustgedenktag“. Er fällt zeitlich zusammen mit dem in Deutschland vor 12 Jahren eingeführten „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“.

Besonders wichtig finde ich, dass der Landesverband Sozialpsychiatrie M-V e.V., der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener M-V e.V. und der Landesverband der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker M-V e.V. heute, am 27.01.2008, als Veranstalter in der Hansestadt Stralsund aufgetreten sind und so viele Menschen dem Aufruf folgten, um die Opfer von „Euthanasie“ und Rassenwahn aus dem Nebel des Vergessens heraustreten zu lassen. Erstmals haben wir getrauert, erinnert und wachgerüttelt ohne politische Vereinnahmung durch Parteien und Regierende, als Menschen, die für Humanismus und Menschenwürde in der heutigen Gesellschaft einstehen.
Das ist eine ganz wichtige Botschaft: Menschen mit Behinderungserfahrung und deren Verbände erheben sich zusammen mit ihren weit über hundert Gästen zum Gedenken und geben den Opfern eine Stimme!
Es war ein trauriger Anlass, der uns an der Gedenkstele auf dem Gelände des Hanseklinikums und in das Rathaus zusammenführte. Trotzdem möchte ich diesen Tag nicht missen.
P. Braun, 28.01.08
• Link: weitere Informationen hier

• Datei: RedebeitragHST.pdf

 

erinnert sei:
Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ – wie es offiziell hieß – begann mit einem Geheimerlass Adolf Hitlers im Oktober 1939. Leiter der Gauämter für Volksgesundheit, der Heil- und Pflegeanstalten sowie Ärzte/Innen und Pflegepersonal wurden angewiesen, die Euthanasie umzusetzen. Die Zentrale des Euthanasie-Programms befand sich in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Daher auch der Name T4.
Die Brutalität des NS Regimes in der Ermordung psychisch kranker Menschen kommt am Beispiel der Provinzial – Heil- und Pflegeanstalt Stralsund deutlich zum Ausdruck. Die ersten Opfer der deutschen Krankenmorde im November 1939 wurden die Patienten der Stralsunder Anstalt.
Auf Eigeninitiative und ohne Weisung von „oben“, befahl der damalige Gauleiter Franz Schwede, die Provinzial – Heil- und Pflegeanstalt Stralsund für die weitere Nutzung als SS-Kaserne zu räumen und die 1.500 Patienten in Richtung Osten abzutransportieren.
Sie wurden fast alle in den Wäldern von Piasnitz (bei Danzig) durch ein SS-Kommando erschossen.

Foto: ABIMV/TO

Foto: ABIMV/TO

Am 27.01.2008 an der Gedenkstele auf dem Glände des Hanse-Klinikums in Stralsund. Wir trauern um die psychisch kranken Menschen, die von den Nazis ermordet wurden.
• Link: http://www.sozialpsychiatrie-mv.de/PDF/VortragProf.Frey.pdf
Herr Bars an der Stele ( von Thomas Radeloff ) auf dem Klinikgelände West

Herr Bars an der Stele ( von Thomas Radeloff ) auf dem Klinikgelände West

Kranzniederlegung am 8. Mai 2005 im Klinikum West
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt Stralsund,
Sehr geehrter Herr Prof. Freyberger, liebe Mitglieder Gäste und Freunde,

der Behindertenverband Stralsund e.V. und das Aktionsbündnis (Aktion 5. Mai) will im 60. Jahr nach der Niederschlagung des Faschismus nicht schweigend zu sehen, wie sich der Nazismus in unseren Kommunen und unserem Bundesland wieder ausbreitet. Dabei werden wir nicht vergessen, Rechtsextremismus und Behindertenfeindlichkeit sind schon einmal eine unheilvolle Allianz eingegangen.Wir haben eine besondere Verantwortung, denn in Alt Rehse in unserer unmittelbaren Nähe, im beschaulichen Mecklenburg, befand sich von 1935 bis 1945 die reichsweit einzige Einrichtung für die Indoktrination der deutschen Ärztinnen und Ärzte, Hebammen, Apothekerinnen und Apotheker und den Amtsärztinnen und Amtsärzten eingerichtet wurde. Hier wurden die Helfershelfer für die rassenhygienischen Zielstellungen der Nazis geschult und ausgebildet. Aussonderung und den Mord an 100 000 Patientinnen und Patienten im gesamten Machtbereich der Nazis gelegt. Nach Schulung des medizinischen Personals wurden Krankenanstalten im ehemaligen Mecklenburg und Pommern zu Tötungsanstalten umgebaut und tausende Menschen zu Tode “behandelt”. Im Zuge der Kindereuthanasie verloren bis zu 8.000 Kinder ihr Leben. Bis zu 70.000 psychisch Kranke wurde in der ersten Tötungswelle bis zum 1. September 1941 umgebracht. Die Nürnberger Prozesse gingen davon aus, dass 275.000 Menschen der Euthanasie zum Opfer fielen.Im Krankenhaus West, derzeit weit vor den Toren Stralsunds, sind in der Zeit des grausamen 2. Weltkrieges 1286 Menschen zu Tode gekommen.Wir haben weiterhin gemeinsam die Aufgabe darüber zu wachen, dass was geschehen ist, sich nicht wiederholt.Das Geschehene ist auch nach 60 Jahren nicht rückgängig zu machen.Die Kranzniederlegung ist zum Gedenken an die Opfer und zur Mahnung an die Lebenden

Ingo Bars
Vorsitzender Behindertenverband Stralsund e.V.
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