Erinnern – Betrauern – Wachrütteln

Von admin|25. Januar 2015|Stralsund|

BilD: SBV - Kranz mit Schleifen

BilD: SBV – Kranz mit Schleifen

Am 27. Januar 2013 gedachten die Menschen weltweit des Holocaust. Wie in den vergangenen Jahren beteiligte sich der Allgemeine Behindertenverband in M.- V. an der zentralen Veranstaltung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie MV e.V. Eine Abordnung des Stargarder Behindertenverbandes e.V. nahm an der ganztätigen Veranstaltung teil und legten für den ABiMV und den SBV einen Kranz an der Gedenkstätte des Hanseklinikums in Stralsund nieder.

Der 27. Januar wurde 1996 auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ausgerufen. Die Vereinten Nationen erklärten den 27.01. im Jahr 2005 zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Dieser Tag steht symbolisch für den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Truppen der Roten Armee im Jahre 1945.

Das Besondere an unserer Veranstaltung ist die Beschränkung und Konzentration auf die Menschen, die aufgrund einer geistigen Behinderung oder psychischen Krankheit durch Zwangssterilisation und/oder Tötung im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten Opfer wurden. In der heutigen Zeit erscheint das Erinnern und Bedauern daran wichtiger denn je.

Wir wollten wachrütteln, damit der Verbreitung des nationalsozialistischen Gedankenguts durch neue rechtsextreme Parteien wie die NPD oder andere Unterorganisationen Einhalt geboten wird.

Nach dem Gottesdienst in der Kirche der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald am Helios Hanseklinikum Stralsund und einführenden Referaten zum Thema „Gemeinsam Verantwortung tragen, damit sich das Grauen nicht wiederholt“ sowie der Kranzniederlegung wurde die Veranstaltung im großen Saal des Stralsunder Rathauses am Nachmittag fortgesetzt. Grußworte richteten Sandra Rieck, stv. Vorsitzende des Landesverbandes Sozialpsychiatrie MV, Silke Gajek, 3. Vizepräsidentin des Landtages MV und der Stellvertreter des Stralsunder Oberbürgermeisters an die Anwesenden.
Vorträge „Zur Zwangssterilisation Stralsunder Bürger“ von Dr. Erwin Walraph, „Die Landesheilanstalt Stralsund als erste geräumte Anstalt auf deutschem Boden: Zum Schicksal der 1287 Patienten“ von Dr. Jan Armbruster und Prof. Dr. Harald J. Freyberger vom Hanseklinikum sowie „Feindliche Einstellungen in der Bevölkerung gegenüber Menschen mit Behinderungen“ von Dr. Mari Ilic, Universität Bielefeld ergaben tiefe Einblicke, neue Erkenntnisse und auch überraschende Neuigkeiten.

Die 1287 Patienten der Stralsunder Anstalt wurden bereits 1939 in andere Einrichtungen zur Tötung oder rassehygienischer Weiterbehandlung verlegt. Die Anstalt wurde danach als Kaserne für SS – Verbände weitergenutzt. Viele der erstmals verlegten Kranken wurden mehrfach weiterverlegt, so dass sich die Spuren verwischten, die Mehrzahl wird umgekommen sein. Diesen Menschen ist inzwischen durch Auflistung ihrer Namen in der Klinikumskirche ein Teil ihrer Menschenwürde zurückgegeben. Auch die Tatsache, dass in der DDR das Schicksal dieser NS – Opfer keine Rolle gespielt hat und erst Ende der 80er Jahre erste zaghafte Untersuchungen stattfanden, überraschte die Zuhörer.

Text und Bild: Dieter Lips