Ist Wohnen in M-V sozial gerecht?

Von administrator|1. September 2019|Aktuelles aus der Verbandsarbeit, News|

Dieser Frage gingen gestern am 31. August rund 80 Teilnehmer*innen in Rostock nach. Die Friedrich Ebert Stiftung hatte zum Thema „Wenn Mieten steigen“ eingeladen. Wohnen ist ein Thema was natürlich alle angeht und besonders für mich als Landesvorsitzender stellt sich die Frage, was Bauträger, Architekten, Politiker, Wohnungsunternehmen und andere in Mecklenburg-Vorpommern tun, um sich den Herausforderungen zu stellen, bezahlbare barrierefreie Wohnungen für alle Menschen zu bauen? Obwohl die Behindertenverbände seit Jahren mehr Engagement im Neubau von Wohnungen nach DIN 18040-2 (R), also für Rollstuhlfahrer*innen anmahnen, förderte der Minister für Engerie, Infrastruktur und Digitalisierung Christian Pegel lediglich barrierearme und seniorengerechte Wohnungen mit jährlich etwa 18 Millionen Euro (im Doppelhaushalt 2018/19 sind dies 35,78 Millionen Euro). Das ist natürlich viel zu wenig. Aber der Minister meint, die in den letzten 10 Jahren gebildeten Rücklagen, von über 70 Mill. Euro, für schlechtere Zeiten in Reserve halten zu müssen. Das versteht Herr Gansewig, Vorstandssprecher der Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG (NEUWOBA),  auch nicht. Er fordert hingegen mehr finanzielle Unterstützung vom Land, um die Bedingungen für das bezahlbare Wohnen zu verbessern. Denn seit 2014 haben sich die Baupreise verdoppelt auf bis zu 3000,- Euro pro Quadratmeter. Trotzdem habe er in den letzten 5 Jahren 130 Wohnungen neu gebaut. Auf meine Nachfrage, wie viele davon „rollstuhlgerecht“ seien, antwortete er: „Null“! Da doch einige ungläubig Gesichter machten, schob er noch nach, „es gebe für Rollstuhlwohnungen keinen Bedarf“! Insofern ist unsere Forderung, nach der vollständigen Übernahme der DIN 18040-2 mit Kennzeichen (R) in die technischen Baubestimmungen des Landes aktueller denn je. Übrigens, die vermeintlichen Mehrkosten für eine rollstuhlgerechte Wohnung, Herr Gansewig, betragen lediglich 0,83 %, dies sagt die aktuelle Terragon-Studie (vom April 2017) aus. Es wäre also bei etwas gutem Willen, technisch und fiskalisch eigentlich überhaupt kein Problem, eine moderne Landesbauordnung nach dem Leitgedanken des universellen Designs aufzustellen. Wenn Herr Pegel hier keinen Handlungsbedarf sieht, werden wir das Thema an den Landtagsausschuss für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung herantragen müssen. Es gab auch erfreuliches, allerdings aus Wien. Frau Ramser, die Leiterin des „Wiener Wohnens“, geht davon aus, „dass zirka 30 % der von ihr verwalteten Wohnungen rollstuhlgerecht sind oder kurzfristig hergerichtet werden können und alle Neubauten grundsätzlich rollstuhlgerecht gebaut werden. Wohnen deckt ein Grundbedürfnis der Menschen und ist ein Menschenrecht. Dieser Überzeugung folgt die Wiener Stadtregierung seit nunmehr 100 Jahren. So gibt es in Wien 420.000 Sozialwohnungen, damit haben 60 Prozent der Wiener stabile, gesicherte Wohnverhältnisse“. Ich hoffe, dass sich hier im Lande bald etwas tut, damit Wohnen in Mecklenburg-Vorpommern sozial gerecht zu geht und wir nicht gezwungen werden, nach Wien umzuziehen.

Lesen Sie hier: Einladung „Wenn Mieten steigen“

Nachbetrachtung: P. Braun