1. Inklusionskongress in MV an der Uni – Rostock
Ein am 4. Mai verkündete Schulfrieden – in MV zwischen den Demokratischen Parteien des Landtages, ist wohl eher ein Burgfrieden, welcher in den Schulen des Landes zwischen Schulbehörden, Lehrern, Eltern und Schüler/innen noch lange nicht in Sicht ist!
„Seit der UN-(Behindertenrechts-)Konvention geistert das Wort „Inklusion“ auch durch unser Bundesland. Was den einen willkommen ist als neuer Geist für die pädagogische Arbeit, erfüllt die anderen mit Sorge für die Professionalität des eigenen Handelns. Wir wollen mit Ihnen gemeinsam diskutieren, wie aus einem „Gespenst“ neuer Geist erwachsen kann “, so Minister Mathias Brodkorb in seiner Einladung zum 1. Inklusionskonkress des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern.
Zwei Geister, Herr Prof. Dr. Hans Wocken und Herr Prof. Egon Flaig, waren eingeladen die Debatte zu befeuern. Dies ist Ihnen dann auch tatsächlich gelungen. Die „Gespenster“ heraufzubeschwören, war für den Kulturhistoriker Prof. Flaig, überhaupt kein Problem, denn die Jahrhunderte lange Stigmatisierung „Behinderter“ steckt noch in vielen Köpfen.
„Behinderte können nicht mündige Bürger sein, sie müssen ihr Schicksal tragen und sind am Besten in Sonderschulen, Heime, Anstalten aufgehoben, geistig Behinderte können nicht gleichberechtigt am Leben der Gesellschaft Teilhaben, sie leiden unter der Inklusion, Hochkulturen müssen selektieren und Eliten bilden“ usw..
Das rief natürlich den kampferprobten Sonderpädagogen Prof. Wocken auf den Plan, da verstand er keinen Spaß: „Er sehe ein neues Menschenbild in der UN- Menschenrechtskonvention, in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, für die Gesellschaften gegründet. Besonders der Artikel 1:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Dies bestimme sein Denken und Handeln. Die Nichtanerkennung und Achtung der Menschenrechte für Menschen mit sogenannten Behinderungen ist ein Akt der Barbarei. Nicht Separation sondern Inklusion stehe auf der Tagesordnung, denn jeder Mensch ist einzigartig, gleichwertig und zugehörig! Bildung und gleichberechtigte Teilhabe werde für Kinder aus sozial benachteiligten Schichten und/oder Migrationshintergrund und/oder „Behinderungen“ in Deutschland nicht gesichert. Dies wurde im Munoz-Bericht, in PISA-Vergleichsstudien und in OECD-Bewertungen immer wieder festgestellt.
Gemessen an der Länge des Beifalls scheinen die „Gespenster“ der Vergangenheit noch in den Köpfen zu dominieren, der Weg in eine Inklusive Gesellschaft, in eine Inklusive Schule ist noch sehr lang und steinig.
Die Bildungsdebatte erhält gegenwärtig durch die UN-Behindertenrechtskonvention neue Impulse. Trotzdem sollte man die Lautstärke der Diskussion nicht mit deren Wirksamkeit verwechseln, denn im Reformstau der Deutschen Bildungslandschaft wird Inklusive Bildung überwiegend in Nischen und Pilotprojekten entwickelt, denn ein Systemwechsel wird nach wie vor von der Kultusministerkonferenz (KMK) fast einhellig abgelehnt.
Obwohl dieser Kongress zufällig auf den 5. Mai, den Europäischen Aktionstag der Menschen mit Behinderungen, fiel, standen die Forderungen der Behindertenorganisationen „Für eine Inklusive Schule“ heute noch nicht im Focus, sollte für die Bewusstseinsbildung der über 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber nicht ganz bedeutungslos sein.
Wir danken Herrn Prof. Wocken, dass wir an dieser Stelle seine Replik auf den veröffentlichen Beitrag von Prof. Flaig veröffentlichen dürfen: Hans Wocken Referat
Bericht Peter Braun, am 5. Mai 2012