10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention in M-V
Am 03.05.2019 hat die Selbsthilfe Mecklenburg-Vorpommern, im Rahmen des Europäischen Protesttages der Menschen mit Behinderungen, zu einem Diskussionsforum nach Rostock in den Ratssaal eingeladen. Das Thema „Wir müssen reden! Auf Augenhöhe! Jetzt! – 10 Jahre UN-BRK in M-V“.
Während Stefanie Drese, Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung in MV, in ihrem Grußwort viele positive Entwicklungen und Verbesserungen durch die UN-BRK in M-V sieht, differenzierte Dr. Palleit vom Deutschen Institut für Menschenrechte etwas genauer.
Das Institut ist gemäß den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen akkreditiert und mit dem Monitoring der Umsetzung der UN – Behindertenrechtskonvention in Deutschland betraut. Es hat gemäß der UN-Konvention (Artikel 33 Absatz 2) den Auftrag die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und die Umsetzung der Konvention in Deutschland zu überwachen.
Dr. Leander Palleit, Wissenschschaflicher Mitarbeiter der Monitoringstelle, verdeutlichte in seinem Vortrag, dass viele Denkprozesse durch die UN-BRK in Gang gesetzt worden sind. So wird z.B. die Leitlinie der UN-BRK auf politischen und gesellschaftlichen Ebenen diskutiert und auch darüber beraten, wie durch Gesetzesänderungen, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken ist, genauso wie Fragen zur Barrierefreiheit immer häufiger in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
Andererseits werden Sonderstrukturen immer noch weiter beibehalten oder sogar ausgebaut. Der Inklusionsbegriff wird durch fragwürdige Umsetzungsbeispiele entwertet und nur ein kleiner Teil von Entscheidungsrträger*innen in Politik und Gesellschaft zeigt überhaupt nur einen echten Umsetzungswillen hinsichtlich der UN-BRK.
Anhand erdrückender Zahlen wurde deutlich, dass die Inklusionsdynamik in MV stagniert, anstatt voran zu gehen. So nahm die Exklusion in schulischer Bildung von 2008 zu 2016 trotz vielfältiger Bemühungen im Bundesdurchschnitt nur um 0,6% ab und liegt immer noch bei durchschnittlich 4,3%. Die Statistiken zeigen, dass Mecklenburg-Vorpommern das Schlusslicht mit einer Exkusionsquote von 6%. bildet. Trotz anders lautender Erklärungen nahm die Zahl der Werkstattplätze für Menschen mit Behinderungen in den letzten zehn Jahren um ca. 20% zu, obwohl es bereits viefältige, andere Programme und Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.
Zusammenfassend machte Dr. Palleit deutlich, wie wichtig die Partizipation von Menschen mit Behinderungen und deren Interessenvertretungen sind, um nachhaltig die Lebenssituation zu verbessern. Auch hier gibt es noch zahlreiche Hürden, die zu bewältigen sind, um auch wirklich Einfluss nehmen zu können. Verfahrensabläufe sind oft intransparent und selten gibt es überhaupt ausreichende personelle und finanzelle Kapazitäten, damit Betroffene aktiv mitwirken können. An all diesen Stellschrauben muss sich etwas drehen, damit Beteiligungsprozesse wirklich inklusiv werden!
Die Diskussionen und Einzelbeiträge zeigten, die vielfältigen Defizite und Teilhabebarrieren, mit denen Menschen mit Behinderungen noch immer tagtäglich konfrontiert werden,auf.
Zum Schluß führte dazu Dr. Palleit das Zitat von Hubert Hüppe, ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, an: „Wer Inklusion will, sucht Wege, wer nicht, sucht Begründungen“.
Im Ergebnis der Diskussion wird sich der ABiMV verstärkt dafür einsetzen, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern, endlich die verfahrensmäßigen Anforderungen an die innerstaatliche Durchführung und Überwachung des Übereinkommens, gemäß Artikel 33 UN-BRK, erfüllt werden! Wir werden darauf achten, dass die Vorgaben und Ziele der UN-Konvention immer im Focus bleiben und uns weiterhin für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen stark machen.
Text: Annika Schmalenberg
Bild: Peter Braun