Deutsche Zustände in der Pflege
Die Pflege ist in Deutschland wirklich ein Trauerspiel. Und deshalb demonstrierten am 12. Mai, am Tag der Pflege, aus dem ganzen Land über 300 Mitarbeiter*innen aus der Ambulanten Pflege in Neubrandeburg in Trauerkleidung! Sie legten an der Geschäftsstelle der AOK ein Trauergebinde nieder und marschierten weiter zum HKB, wo die Sozialministerin Drese mit Gästen und mit Offiziellen aus Pflege und Krankenkassen den „Tag der Pflege“ feierten. Eigentlich gibt es aus meiner Sicht an diesem Tag nichts zu feiern, denn die Pflege ist in Existenz-Not!
Die Pflegedienste haben seit dem 01. September 2022 keine sichere Finanzierung und können die aus der Pflegereform gestiegen Lohn- und Sachkosten nicht mehr decken, weil die Kostenträger, die Pflege- und Krankenkassen, die Verhandlungen zu neuen Leistungssätzen verzögern und verschleppen und damit die wirtschaftliche Selbständikeit der Pflegedienste weder anerkennen noch absichern! .
Die Verbände der Pflegedienste haben sich um Hilfe an Frau Drese als Aufsichtsbehörde gewandt. Allerdings hatte sie das Problem wohl nicht erkannt und wollte die am 01. September 2022 von Hubert Heil eingeführte Tariftreuepflicht mit den Pflegeunternehmen nicht weiter diskutieren. Wir auch nicht, im Gegenteil demonstrierten die Pflegekräfte ja gerade für die Finanzierung von Tariflöhnen und auskömmlichen Betriebskosten. Dass, der Minister Heil, die Reform per Gesetz am 1. September und nicht am 1. Januar in Kraft setzte, hat die Einigung mit der GKV erschwert.
Die Pflegekasse hat nach verschleppter Verhandlungstaktig Ende April 2023 ein Angebot nunmehr auf den Rücken der Pflegebedürftigen gemacht, d.h. der Punktwert wurde entsprechend des jeweiligen Tarifes angehoben. Wegen der späteren Anpassung müssen die Pflegebedürftigen jetzt die unterjährigen Steigerungen ab 01. Juni, von 12 bis über 20 Prozent, aus ihrer Pflegesachleistung tragen. Das bedeutet entweder höhere Zuzahlung oder geringere Leistungen in der Ambulanten Pflege. Damit wird die Selbstbestimmung, der Vorrang der Ambulanten Pflege gemäß § 2 SGB XI, mit einer angekündigten 5 prozentigen Erhöhung per 01.07.2024, zur Makulatur. Viele werden zwangsweise in einem Pflegeheim untergekommen sein.
An dieser Stelle muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Krankenkassen und die Verhandlungsführer der Pflegebetriebe zum Leistungsspektrum SGB V noch immer im Schlichtungsverfahren sind, damit ist auch hier bisher für 2023 noch keine wirtschaftliche Kostenübernahme erfolgt. Das ist in Deutschland möglich, trotz eines Tariftreuegesetzes in der Pflege!
Unser Verband als Interessenvertreter von Menschen mit Behinderungen fordert von Minister Hubert Heil, dass die Pflegekassen eine sofortige Erhöhung des Pflegegeldes um 20 Prozent vornehmen müssen, denn gute Pflege braucht eine sichere und auskömmliche Finanzierung.
Bilder und Text P. Braun