Was ist eigentlich die EUTB?
Auf der 1. Fachtagung zur Ergänzenden Unabhängigen Teilgabeberatung (EUTB) am 23.10. im Pommerschen Landesmuseum Greifswald sollte diese Frage aus verschiedenen Blickwinkeln einmal betrachtet werden.
Frau Au, Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeitsbeschäftigung und Strukturentwicklung mbH, als Träger einer Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstelle in der Hansestadt Greifswald hat zur Fachtagung, Rehabilitationsträger, die Arbeitsagentur, die Deutsche Rentenversicherung (DRV), das Sozialamt Vorpommern-Greifswald, Leistungserbringer, Berater*Innen, das Sozialministerium und einen Vertreter der Fachstelle Teilhabeberatung eingeladen.
Der Oberbürgermeister der Hansestadt Greifswald, Dr. Fassbinder, war auch gekommen und bemüht, ein paar passende Worte zur Begrüßung zu finden.
Die Sozialministerin, Frau Drese, hatte als Schirmherrin der Tagung aber einen anderen wichtigen Termin, so dass Frau Krüger als Referatsleiterin, Referat 340 Belange von Menschen mit Behinderungen, Soziales Entschädigungsrecht, Geschäftsstelle des Integrationsförderrates (IFR), ihren Part übernahm. Ein wichtiger Schwerpunkt der Behindertenpolitik des Sozialministeriums sei die Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarktes, so wurden von 1995 bis 2015 überhaupt nur 7 Beschäftigte aus den sogenannten geschützten Werkstätten (WfbM) in den 1. Arbeitsmarkt überführt, aber seit 2015 bereits 27, nicht auf zuletzt durch die Einführung der neuen Leistungsart „Budget für Arbeit“.
Diese Zahlen sind für mich keine Erfolgs-Bilanz, wenn andererseits immer noch 8600 Menschen für ein Taschengeld in diesen Werkstätten mallochen müssen. Eigentlich sollten die Werkstätten, die Beschäftigten, für den 1. Arbeitsmarkt vorbereiten und nicht davor schützen! Selbst der UN-Fachausschuss fordert das Land auf diese flächendeckende Ausgrenzung aus dem 1. Arbeitsmarkt endlich zu beenden. Diese Forderung findet jedoch bisher keine Resonanz.
Gefallen hat mir das Engagement von Frau Kirstein, Mitarbeiterinnen des Sozialamtes Vorpommern-Greifswald. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht ausgebremst wird und die Bedarfsermittlung -ganz praktisch- ohne Kostenvorbehalt durchführen kann und dabei das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten in den Mittelpunkt stellt.
Der Vortrag von Frau Ploth stellte, aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die Schnittstellenproblematik bei der Antragstellung und bei der Bedarfsermittlung für ein Trägerübergreifendes persönliches Budget gut heraus.
Herr Crone, der Bürger- und Behindertenbeauftragte des Landes M-V, hob hervor wie wichtig eine Beratung für Menschen mit Behinderungen ist und dass sie viel mehr Unterstützung und Förderung benötigen, um auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das Budget für Arbeit könnte hierfür zu einem wichtigen Instrument entwickelt werden, wenn die Einschränkungen wegfallen. Er kritisierte, dass das Land und die Landkreise als Träger der Eingliederungshilfe bis heute mit den Leistungserbringern immer noch keine Landesrahmenvereinbarung gemäß § 131 Absatz 1 SGB IX abgeschlossen haben.
Frau Schmalenberg, Peer Beraterin der EUTB des Allgemeinen Behindertenverbandes M-V am Standort Neubrandenburg, stellte die vielen Herausforderungen bei der Antragstellung und Ausgestaltung Persönlicher Assistenz dar. Das ist mit dem neuen BTHG im Rahmen § 32 möglich aber nicht leichter geworden, zumal es hier bei den Rehabilitationsträgern erhebliche Schnittstellen-Probleme bei der Zuordnung von Teilhabeleistungen gibt. Wer welche Bedarfe zu finanzieren habe, steht immer wieder zur Disposition. „Im Vorfeld einer Beantragung sollte aus Sicht von Frau Schmalenberg eine Beratungsstelle aufgesucht werden, alleine schon deswegen, damit man den Erstantrag auch beim richtigen, zuständigen Rehabilitationsträger stellt. Wenn man alle Hürden genommen und ein bedarfsdeckendes Budget ausgehandelt hat, kann die Persönliche Assistenz, selbst, im Arbeitgebermodell oder auch über ein Dienstleister-Modell, verwaltet werden. Unabhängig davon für welches Modell man sich entscheidet, ist die Persönliche Assistenz eine große Chance für Menschen mit Schwerstbehinderung, ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben führen zu können“.
Mit dem neuen BTHG gibt es erhebliche Einschränkungen der Teilhabe bei Pflegebedürftigkeit und im Rentenalter! Die Nachrangigkeit von Leistungen zur sozialen Teilhabe in § 103 SGB IX muss so geregelt werden, dass Pflegebedürftige und Rentner nicht schlechter gestellt werden.
Insgesamt denke ich war es eine gute 1. Fachtagung zur EUTB und man bekam einen guten Überblick über tangierende Probleme. Die vielen Dienstleister und Leistungsanbieter, die ihre Stände aufgebaut hatten, gaben einen guten Überblick über Leistungen und Dienste für die Pflege und zeigten Innovationen aus der Reha-Technik und Hilfsmittelversorgung. Damit Sie noch einmal alles nachlesen können, will der Veranstalter die Fach-Beiträge in seiner HP https://www.abs-greifswald.de/ einstellen.
Den Moderator der Fachtagung, Herrn Bernhardt, NDR, hätte die Veranstalterin, aus meiner Sicht, besser einsparen sollen.
Und zum Schluss komme ich zu der anfangs gestellten Frage: Was ist eigentlich die „EUTB“? Das „E“ steht für ergänzend, das „U“ für unabhängig, das „T“ für Teilhabe und das „B“ für Beratung.
In M-V werden gemäß § 32 SGB IX insgesamt 38 Haupt- und Zweigstellen gefördert. Obwohl bei der Förderung von Beratungsangeboten, die von Leistungsträgern unabhängige, ergänzende Beratung von Betroffenen für Betroffene besonders berücksichtigt werden sollte, sind tatsächlich unabhängig nur 10, darunter ist auch die EUTB des Veranstalters. Und so fördert der Bund, einvernehmlich mit dem Sozialministerium des Landes, seit 2018 überwiegend Beratungsstrukturen, die von Trägerinteressen dominiert sind. Vielleicht hat deswegen, die Schirmherrin, diese Fachtagung nicht auf Ihrer Internetseite eingestellt.
Text und Bilder: Peter Braun